Liederabend von der Sopranistin Pretty Yende in Frankfurt
Was wäre, wenn der Pianist Sung-Jin Cho oder Lang Lang ein Solo-Konzert aufgeführt hätten und das gesamte Programm mit Noten gespielt hätten? Und nicht nur das, sondern auch bei der ersten Zugabe hätten sie in die Noten geschaut. Und was wäre, wenn es ein bekanntes Programm gewesen wäre, wie das der Chopin-Etüden, anstatt ein anspruchsvolles Programm, wie z.B. aus der Zeitgenössischen Musik. Was wäre, wenn es trotz dieser Tatsache, dass mit Noten gespielt wurde, es dennoch an Souveränität und Vergnügung während der Performance gefehlt hätte und es oft zu Fehlern gekommen wäre? Hätte es aus Sicht des Publikums, das Zeit und Geld für ein Konzert eines Shooting-Stars investiert hat, nicht eher wie eine Probe desjenigen ausgesehen?
Eine ähnliche Situation hat sich letzten Monat in Frankfurt ereignet. Die Star-Sopranistin Pretty Yende hatte einen Liederabend gegeben. Die aus Südafrika stammende Sopranistin gewann viele namhafte internationale Gesangswettbewerbe, wie der Belvedere-Wettbewerb und der Operaria-Wettbewerb, und debütierte erfolgreich an den renommierten Opernhäusern New York Metropolitan, Mailand La Scala und London Covent Garden. Darüber hinaus ist sie ein Opernstar, der ihre Alben 2016 und 2017 bei Sony veröffentlichte. Bisher sang sie hauptsächlich Bel Canto Repertoire, hat aber in letzter Zeit ihr Repertoire erweitert, so z.B. Violetta (La Traviata) in Paris. Dieser Liederabend ist hierbei der Auftakt einer langen Konzert-Tournee von Frankfurt über Zürich, Prag und London bis zur Carnegie Hall in New York Anfang Dezember.
Pretty Yende eröffnete die erste Hälfte des Liederabends mit sieben bekannten Liedern von Schumann, darunter „Der Nussbaum“, „Widmung" und „Waldesgespräch". Dann folgten drei Lieder in „Nuits d'été a Pausilippe“ von Donizetti. Das Ende der ersten Hälfte war sehr reizvoll. Der Komponist Donizetti hat vier Jahre nach dem Erfolg einer seiner berühmtesten Opern „Lucia di Lammermoor“ die französische Fassung von „Lucie de Lammermoor“ im Renaissance-Theater in Paris aufgeführt. Anstelle von Lucias Signatur Arie „Regnava nel silenzio" komponierte Donizetti eine völlig neue Arie, „Que n'avons-nous des ailes… (Warum haben wir keine Flügel...)". Diese französische Version wurde jedoch selbst in Frankreich selten aufgeführt, so dass es eine gute Gelegenheit war, die kostbare Arie beim Liederabend in Frankfurt zu hören.
Der zweite Teil begann mit den bekannten Liedern von dem italienischen Komponisten Tostis „Aprile“, „Ideale“ und „Malia“. Pretty Yende, die Mitglied der Mailänder Scala Academia war, sowie der italienische Pianist Michele D'Elia, zeigten ausgezeichnet ihre italienische Sinnlichkeit. Die zweite Hälfte endete mit der berühmtesten Liederparade von Richard Strauss. „Zueignung“, „Kling!“, „Allerseelen“, „Ständchen“, „Ich schwebe“ und „Cäcilie“ waren der Abschluss des Programms. Allerdings schien Pretty Yende manchmal zu sehr mit den Noten beschäftigt zu sein, ins besonders wenn sie die deutschen Lieder sang. Bei ihrem italienischen oder französischen Repertoire wirkte sie sehr viel souveräner.
Pretty Yende, die die erste Zugabe, Rosalindes Arie „Klänge der Heimat" immer noch mit Noten sang, bewies ihre wahren Fähigkeiten als Opernstar ab der zweiten Zugabe, welche sie ohne Noten sang. Mit ihrer zweiten Zugabe, "Me voglio fa 'na casa" von Donizetti, begann sie auf der Bühne das Publikum zu faszinieren. Als dritte und vierte Zugabe sang sie ihre Lieblingsarien "Una voce poco fa" und "I want to be a Prima Donna" und zeigte, warum sie eine sehr gefragter Opernstar ist. Den Liederabend schloss sie mit ihrer letzten Zugabe "O mio babbino caro" von Puccini ab. Trotz des Mangels an ausreichender Vorbereitung des Liederabends durch das Singen mit Noten überzeugte die Sängerin letztendlich vor allem durch ihre Zugaben und weckte so das Interesse an weiteren Opernvorstellungen mit ihr. In dieser Hinsicht, kann der Liederabend als Erfolg gewertet werden, nicht wahr?
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